Polnische Regierung veröffentlicht Gesetz für Pfandsystem
Die polnische Regierung veröffentlichte am 12. September 2023 ein Gesetz zur Einführung eines Pfandsystems für Getränkeverpackungen. Die Gesetzgebung sieht ein Pfand für Einweg-Kunststoffflaschen bis 3 Liter, für Mehrweg-Glasflaschen bis 1,5 Liter sowie für Metalldosen bis 1 Liter vor und wird am 1. Januar 2025 in Kraft treten.
„In Polen werden heute weniger als 50 Prozent der Getränkeverpackungen gesammelt und recycelt. Die Auswirkungen hiervon sind als Müll in unseren Straßen, in unseren Wäldern und an unseren Stränden zu sehen. Die Deponien sind überfüllt. Dies wird sich mit der Einführung eines Pfandsystems ändern“, erklärt Anna Sapota, Vice President of Public Affairs für Nord-Osteuropa bei TOMRA.
„Wir freuen uns, dass Regierungsvertreter, Industrie und Verbraucher die Vorteile dieser Lösung erkannt haben. Unter der Annahme, dass für Getränkeverpackungen eine Sammelquote von 90 % erreicht wird, kann Polen mit dem Pfandsystem jedes Jahr mehr als 12 Milliarden Getränkebehälter für das Recycling zurückgewinnen.“
Nächste Schritte und erforderliche Vorbereitung
Zu einem geeigneten Zeitpunkt werden die Betreiber des Pfandsystems benannt, die für die Entwicklung, den Aufbau und das Management der erforderlichen Sammel- und Aufbereitungsinfrastruktur verantwortlich sind. Ein oder mehrere spezialisierte Unternehmen werden die Registrierung übernehmen und sämtliche Genehmigungen und Lizenzen einholen, die für die Sicherstellung der Sammlung von Getränkeverpackungen notwendig sind. Sobald dies abgeschlossen ist, werden in einem nächsten Schritt Verpackungshersteller, Einzelhändler, die als amtliche Sammelstelle fungieren, sowie Produkte, die unter das Pfandsystem fallen, registriert. Pfandpflichtige Produkte werden danach eine eindeutige Kennzeichnung tragen, damit Verbraucher und Händler diese erkennen können.
Darüber hinaus sind zwischen den Teilnehmern des Systems Vereinbarungen erforderlich. Diese Vereinbarungen legen die Beziehungen zwischen den Herstellern und dem oder den Betreibern, zwischen dem oder den Betreibern und den kommerziellen Einheiten sowie zwischen den Betreibern selbst fest. Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Schaffung und Einführung von IT-Systemen zur Abrechnung des Pfands und der Bearbeitungsgebühren sowie zur Meldung der gesammelten Verpackungen.
In der Zwischenzeit sollten Einzelhändler, die sich verpflichtet haben, an dem System teilzunehmen, die entsprechende Infrastruktur zur Abwicklung der Verpackungsrückgabe vorbereiten – sowohl für die automatisierte als auch für die manuelle Sammlung. In europäischen Pfandsystemen wird der größte Anteil gebrauchter Getränkeverpackungen dem Recycling über die automatisierte Sammlung mittels Leergutautomaten zugeführt. „Kleinere Einzelhändler mit geringeren Rückgabemengen nehmen pfandpflichtige Verpackungen manuell über kleine Sammelbehälter oder Säcke an, was nur minimale Investitionen erfordert. Größere Einzelhändler dagegen entscheiden sich möglicherweise dazu, Anlagen zu kaufen, die auf ihre spezifischen Bedürfnisse und Platzverhältnisse zugeschnitten sind. Je nach dem gewählten Leergutrücknahme-System können die Maschinen zwischen 1.000 und 3.000 Behälter pro Stunde aufnehmen“, so Konrad Robak, Country Manager bei TOMRA Collection Polen.
Die Einführung eines Pfandsystems erfordert die Einbeziehung von Herstellern, Einzelhändlern, Dienstleistern, Recyclern und Regulierungsbehörden. Zudem hängt die Schaffung eines modernen Pfandsystems von Zusammenarbeit, der Abholung der Behälter bzw. Säcke sowie einer effektiven Organisation ab. Einige Einzelhändler in Polen nahmen an Pilotprogrammen teil, ehe die Regierung sich zur Einführung des Pfandsystem entschloss. Ausreichend Zeit für die Vorbereitung zu haben, ist für Unternehmen, die Logistik und das öffentliche Ansehen von Vorteil. Teilnehmende Einzelhändler erhalten wertvolle Informationen über die Größenordnung der erforderlichen Investitionen, die Backoffice-Erfordernisse sowie das Verbraucherverhalten. „Die Sammlung und Rückgabe von Getränkeverpackungen wurde von Verbrauchern in Polen enthusiastisch angenommen. Unsere Leergutautomaten haben allein zwischen Januar und Juni 2023 mehr als 10 Millionen Verpackungen gesammelt – einen besseren Beweis gibt es nicht“, ergänzt Robak.
„Mit Pfandsystemen lassen sich sehr schnell die gewünschten Ergebnisse erzielen, sei es eine Erhöhung der Sammel- und anschließenden Recyclingquoten, eine stabile Bereitstellung hochwertiger lebensmittelechter Sekundärrohstoffe oder die Müllreduzierung. So erhöhte sich in Litauen beispielsweise innerhalb von zwei Jahren nach Einführung eines Pfandsystems die Sammelquote für PET-Flaschen von unter 33 % auf 92 %. In der Praxis kann es nach der offiziellen Einführung zwei bis drei Jahre dauern, bis ein Pfandsystem ausgereift ist – in diesem Zeitraum werden Prozesse und Aspekte des Betriebs des Systems feinabgestimmt“, kommentiert Sapota.
Das erste Jahr nach der Einführung des Pfandsystems ist eine Zeit des Lernens, der Anpassung und der Gewöhnung an die neuen Regeln. Einzelhändler, Sammel- und Aufbereitungsstellen passen ihre Infrastruktur an, um die an das System zurückgegebenen gebrauchten Getränkeverpackungen effektiv zu handhaben. In dieser Zeit beginnen auch die Verbraucher, das System vollständig zu verstehen, neue Gewohnheiten zu entwickeln und die Rückgabe von Getränkeverpackungen in ihren Alltag zu integrieren. Wenn das Pfandsystem immer mehr zur Routine wird und die öffentliche Akzeptanz zunimmt, können im zweiten und dritten Jahr nach der Einführung des Systems weitere Optimierungen bei der Logistik und Materialaufbereitung angedacht werden.